Tipps & Tricks zum Videoschnitt:
So schneiden Sie Ihre Videos richtig!

"Der Film entsteht erst am Schneidetisch." Diesen Satz aus dem Filmerlatein haben Sie bestimmt schon mal gehört. Gemeint ist, dass der Schnitt der entscheidende Prozess ist, der den späteren Film erzeugt. Die Videos, die Sie gedreht haben, sind nur das Rohmaterial, das Sie beim Schneiden zu einem Film zusammensetzen. Oder auch zu verschiedenen Filmen.

Als Schneidetisch dient mittlerweile der Computer. Es ist eben viel effizienter und bequemer, mit der Maus virtuelle Videoschnipsel am Monitor zu verschieben, als echtes Zelluloid mit einer Schere zu zerschneiden und zusammenzukleben.

Videoschnitt ist eine Kunst, die wie alle Kunst bestimmten Regeln folgt. Im Folgenden erläutern wir Ihnen, welche Regeln das sind und wie Sie sie am eigenen PC umsetzen.

Schnitt & Schnitt-Technik

Beginnen wir mit den Grundbegriffen der Videoschnitt-Technik: Footage, Einstellung, Takes, Schnitt, Szenen... Was ist darunter zu verstehen? Wie hängen diese Begriffe miteinander zusammen?

  • Footage heißen die ungeschnittenen Videodateien, die Sie dem Speicherchip Ihrer Videokamera entnehmen. Es ist das Rohmaterial für Ihren Film.
  • Eine Einstellung ist eine unterbrechungslose Filmsequenz, d.h. die Videoschnipsel auf Ihrer Kamera zwischen dem jeweiligen An- und Abschalten der Aufnahme. Am besten führen Sie beim Videodreh eine Liste mit den Einstellungen, die Sie gedreht haben. So verschaffen Sie sich einen Überblick darüber, welches Footage sich auf dem Speicherchip befindet. Wenn Sie die Einstellungen vorher planen wollen, erstellen Sie rechtzeitig einen Drehplan.
  • Takes sind Varianten von Einstellungen, die zum Beispiel dasselbe Motiv aus verschiedenen Perspektiven zeigen, oder auch Einstellungen, die sich in bestimmten Details (zum Beispiel hinsichtlich des Lichts und der Hintergrundelemente) voneinander unterscheiden. Takes bieten später beim Schnitt eine Auswahl unter mehreren Möglichkeiten. Beim Sichten des Materials am PC sollte die Zuordnung von Takes und Einstel­lungen möglichst nicht durcheinander kommen. Es sollte immer klar sein, was ein alternativer Take und was eine neue Einstellung ist. Im professionellen Bereich werden dazu Filmklappen verwendet, auf denen die Einstellung und die Nummer des Take notiert sind.
  • Der Schnitt (engl. "Cut") bezeichnet genaugenommen die Stelle im Film, die eine Einstellung von der nächsten trennt. Einen Schnitt im Footage zu setzen ist denkbar einfach: Im Videobearbeitungsprogramm MAGIX Video deluxe stellen Sie den Abspielmarker einfach an die gewünschte Schnittstelle und drücken die Taste "T". Anschließend löschen Sie den Teil, der nicht verwendet werden soll, aus der Spur und schieben den Rest so zusammen, dass die Lücke geschlossen wird. Die schwierigere Aufgabe besteht darin, die richtigen Schnittstellen zu finden.
  • Eine Szene markiert einen Sinnabschnitt im Film. Meist umfasst sie ein zusammenhängendes Raum-Zeit-Kontinuum, das jedoch nicht lückenlos gezeigt werden muss. Eine Szene setzt sich in der Regel aus mehreren Einstellungen zusammen. Wenn Sie zum Beispiel einen Dialog zeigen, dann setzen Sie meist mehrere Einstellungen hintereinander, die mal den Redner, mal den Zuhörer, mal beide zusammen zeigen, während die Tonspur ungeschnitten durchläuft. Das Ganze ergibt dann eine Dialogszene. Ein Szenenwechsel markiert einen neuen Sinnabschnitt. Entsprechend ist der Übergang von der letzten Einstellung der aktuellen Szene zur ersten Einstellung der nächsten Szene meist auffälliger als der Übergang zwischen den Einstellungen derselben Szene.

Einstellungen

Eine Einstellung bezeichnet wie gesagt eine Filmsequenz, die ohne Unterbrechung mit kontinuierlich laufender Kamera gedreht wurde. Als Faustregel kann gelten, dass jede Einstellung mindestens 3 Sekunden lang sein sollte, es sei denn, sie ist Teil einer Sport- oder Actionszene. Bei kürzeren Einstellungen entsteht das Gefühl von Hektik und Spannung, was natürlich auch bewusst eingesetzt werden kann, um eine atemlose Dynamik zu erzeugen. Doch im Normalfall sollten Sie die 3-Sekunden-Regel kennen und beherzigen.

Jede Einstellung wird in einer bestimmten Kamera-Einstellung gedreht – daher der Name "Einstellung". Sie bestimmt, wie groß das Motiv im Bild zu sehen sind. Die Größe vermittelt dem Zuschauer einen Eindruck von der Entfernung des Motivs zum Betrachter. Die Zuschauer greifen dabei auf ihre Alltagserfahrungen zurück: Ein Gesicht in Großaufnahme, das die Leinwand oder den Monitor ausfüllt, wirkt sehr intim und nah, Menschen als kleine Figuren innerhalb einer Landschaft dagegen scheinen weit entfernt.

Zwischen Nähe und Entfernung hat sich die folgende Skala von Einstellungen eingebürgert.

Weit

Weit

In dieser Einstellung kommt es auf Einzelheiten nicht an. Landschaften, Sonnenuntergänge, Skylines werden "weit" gezeigt. Diese Einstellung wird häufig als Beginn oder Abschluss einer Sequenz zusammengehöriger Szenen eingesetzt und vermittelt eine Überleitung zu einem neuen Abschnitt.

Totale

Totale

Die "Totale" gibt dem Betrachter einen Überblick über das Geschehen und sorgt für Orientierung. Meist leitet sie einen Szenenwechsel ein. Wenn Sie zum Beispiel erst eine Totale von außen auf ein Haus und dann einen Innenraum zeigen, werden diese beiden Einstellungen filmisch miteinander verknüpft. Der Zuschauer erkennt durch den Bildwechsel, in welchem Haus sich der Innenraum befindet.

Halbtotale

Halbtotale

In dieser Einstellung ist die Distanz zum Motiv immer noch recht groß. Man sieht komplette Menschen von Kopf bis Fuß, kann ihre Handlungen verfolgen. Die Körper­sprache ist gut zu sehen, die Mimik jedoch bleibt ungenau.

Halbnah / amerikanisch

Halbnah / amerikanisch

In der Halbnah-Einstellung sieht man den Oberkörper eines Menschen etwa von der Hüfte an. Die Beziehung der Personen zueinander ist ebenso gut beobachtbar wie die kommunikative Situation. "Amerikanisch" zeigt noch etwas mehr von den Personen, etwa bis zu den Knien.

Nah

Nah

Diese Einstellung entspricht etwa dem Brustbild einer Person. Im Fernsehen ist "Nah" die Einstellungsgröße der Nachrichtensprecher und Moderatoren. Häufig wird sie gewählt, um die Aufmerksamkeit auf die Mimik der Personen zu lenken.

Groß/Detail

Groß/Detail

Die Einstellung "Groß" – engl. Close-up – zeigt den Kopf eines Menschen bis zum Hals bzw. Schulteransatz – die Wahrnehmung des Zuschauers ist ganz auf die Mimik konzentriert. In der Einstellung "Detail" ist nur ein kleiner Ausschnitt einer Person oder eines Gegenstandes zu sehen. Der Eindruck von intimer Nähe entsteht. Mit diesen Einstellungen befindet man sich als Zuschauer im Zentrum des Geschehens.

Kamerabewegungen

Weil Filme nur selten aus statischen Einstellungen bestehen, benötigt man zusätzlich zu den Einstellungen eine Beschreibung der ­Bewegungen, die die Kamera vollzogen hat bzw. vollziehen soll. Die Kamera kann Fahrten, Schwenks und Zoome in verschiedensten Geschwindigkeiten durchführen und dadurch Ruhe oder Hektik, Entspannung oder Dramatik erzeugen. Übrigens ist es mittlerweile nicht mehr so, dass die Kamera grundsätzlich nicht wackeln darf und immer auf einem Stativ ruhen muss. Der Einsatz einer Handkamera ist längst zu einem Stilmittel geworden, mit dem Authentizität, Nervosität und Dramatik erzeugt werden.

Stativ für Schwenks

Schwenk

Schwenks ermöglichen einen Rundumblick und werden eingesetzt, um Landschaften oder andere Panoramen zu zeigen. Gute Schwenks beginnen mit etwa 2–4 Sekunden Stillstand auf dem Startbild und enden erneut mit 2–4 Sekunden Stillstand auf dem Schlussbild. Zwischen Start- und Schlussbild bewegt sich die Kamera langsam, ruckelfrei und mit stetiger Geschwindigkeit. Faustregel fürs Drehen: Nicht zu früh beginnen, nicht zu früh aufhören und den Schwenk nicht mittendrin abbrechen.

Sie können sowohl horizontal als auch vertikal schwenken, aber nicht diagonal. Möglich sind auch kombinierte Schwenks. Führen Sie die Kamerabewegung nur in eine Richtung aus – also nicht hin und her oder auf und ab. Benutzen Sie ein Stativ. In den meisten Fällen sollten Sie vor dem Schwenk den Start- und Endpunkt panen und überlegen, wie Sie die Kamera vom einen zum anderen Punkt bewegen. Und dann probieren Sie es mehrmals hintereinander aus.

Ein leistungsfähiges Videobearbeitungsprogramm wie MAGIX Video deluxe ermöglicht es, nachträglich aus statischen Aufnahmen virtuelle Kameraschwenks zu erzeugen. Dann bestimmen Sie zuhause am PC zunächst den Bildausschnitt, der als Startbild am Anfang des Schwenks gezeigt wird, und dann das Schlussbild. Der Schwenk dazwischen wird vom Programm automatisch errechnet. Das Startbild wird in Vollbildgröße gezeigt und langsam durch das Videobild bis zum Schlussbild "geschwenkt". Dazu sollte das Ausgangsmaterial hoch genug aufgelöst sein, damit der gezoomte Bildausschnitt nicht pixelig aussieht.

Zoom

Der Zoom ist eine bestimmte simulierte Kamerafahrt, bei der das Gezeigte vergrößert oder verkleinert wird. Dadurch entsteht die Illusion, sich auf das Motiv zuzubewegen bzw. zu entfernen. Die Benutzung der Zoomfunktion hat immer ein paar Nachteile. So wird jedes feine Kamerazittern schnell zu einem beträchtlichen Wackeln, weil die Bewegungen durch die Vergrößerung verstärkt werden. Hier hilft das Verwenden eines Stativs oder einer nachträglichen Bildstabilisierung.

Digitale Zoomfahrten können Sie auch nachträglich im Videobearbeitungsprogramm erzeugen. Besser aber ist die Benutzung des analogen Zooms an der Kamera, weil hierbei die Auflösung unverändert bleibt. Und im Idealfall bleiben Sie gar nicht erst stehen, um zu zoomen, sondern gehen mit der Kamera beherzt nach vorne.

Eine Alternative zum Zoom wäre übrigens, den Fokus anzupassen. Ein typisches Beispiel: Ein Mensch steht vor einem Plakat; zuerst wird der Mensch fokussiert. Er erzählt etwas. Sobald er fertig ist, wird der Fokus geändert und das Plakat scharf gestellt und rückt dadurch in den Vordergrund. Wenn Sie geschickt mit der Kamera umgehen, müssen Sie dazu nicht einmal die Einstellung ändern.

Kamerafahrt

Kamerafahrten kennen Sie aus nahezu jedem Film. Um Bewegung in ein statisches Geschehen zu bringen, bewegen Sie die Ka­mera bei der Aufnahme.

Dabei bekommt die Kamera auf ihrer Fahrt auch immer etwas Neues in den Blick. Beispiele dafür sind das Filmen aus einem offenen Autofenster hinaus oder das Laufen neben einer Person.

Je ruhiger Sie die Kamera halten, desto besser. Im professionellen Bereich werden dazu auch gerne Schienen verlegt. Ruhige Kamerafahrten können Sie aber auch mit einem kleinen Handwagen herstellen. Stellen Sie die Kamera auf ein Stativ, das Stativ auf einen Wagen und ziehen Sie den Wagen langsam um Ihr Motiv.

Kamerafahrt im Halbkreis um ein Motiv

Und wenn Sie erst beim Schnitt am PC merken, dass eine Einstellung zu statisch ist und eine Kamerafahrt hier besser wäre, können Sie mit einem guten Videobearbeitungsprogramm wie MAGIX Video deluxe auch nachträglich eine virtuelle Kamerafahrt erzeugen. Dazu bestimmen Sie wie beim Schwenk zunächst einen Bildausschnitt, der dann in Vollbildgröße gezeigt und auf frei gestaltbaren Wegen durch das Bildmaterial bewegt wird. Das funktioniert übrigens auch gut mit Fotos.

Szenen

Durch den Schnitt werden die Einstellungen in ihre endgültige Form gebracht und zu Szenen zusammengestellt. Innerhalb einer laufenden Szene sollte man als Zuschauer den Einstellungswechsel möglichst nicht bemerken. Bei einem Szenenwechsel ist es umgekehrt: Hier soll man mitbekommen, dass sich der Schauplatz oder die Zeit geändert hat. Entsprechend auffällig sollte auch der Schnitt sein.

Jeder Schnitt verursacht einen Zeitsprung, Orts- oder Perspektivwechsel – einen Einschnitt eben. Die Kontinuität des Filmgeschehens wird durch­brochen. Aber es gibt Techniken, um diesen Einschnitt für den Zuschauer weitgehend unbemerkt zu vollziehen. Dieses Prinzip nennt man "unsichtbarer Schnitt" (bzw. "continuity editing"). Der unsichtbare Schnitt ist natürlich nicht im wörtlichen Sinn unsichtbar, sondern soll vom Zuschauer nicht bewusst wahrgenommen werden, so dass der Eindruck eines flüssigen Geschehens entsteht.

Es geht einerseits darum, die Ausschnitte aus dem Material zu bestimmen, die verwendet werden sollen. Anfangs- und Endpunkt müssen für jede Einstellung separat bestimmt werden. Andererseits geht es auch um die Übergänge zwischen zwei Einstellungen: Wo hört die Erste auf, wo schließt die Zweite an?

Die Frage, an welcher Stelle eine Einstellung geschnitten werden soll, bezieht sich daher immer auch auf die Folgeeinstellung. Auch die Frage, wie lang eine Einstellung sein sollte, lässt sich nur beantworten, wenn die Länge der vorherigen und nachfolgenden Einstellungen bekannt sind. Durch die Abstimmung der Längen zueinander erzeugen Sie einen filmischen Rhythmus, mit dem Sie die Handlungsführung dramatisieren oder entspannen können.

Es kommt also immer auf den Zusammenhang an. Doch wir wollen Sie nicht mit einer solch vagen Antwort alleine lassen. Es gibt Antworten, die sich im Verlauf der Filmgeschichte herausgebildet haben. Unter Schnittmeistern wird heiß diskutiert, ob das nun allgemeingültige Gesetze oder nur Empfehlungen oder gar totalitäre Anmaßungen sind. Um diese Diskussion müssen wir uns nicht weiter kümmern. Die „klassischen“ Schnitt-Prinzipien sind Ergebnisse der langjährigen Arbeit professioneller Cutter, und ihre Kenntnisnahme kann die eigene Technik nur bereichern.

Schnitt-Techniken

An welchen Stellen soll eine Einstellung geschnitten, wie sollen die Einstellungen zusammengesetzt werden? Diese Fragen sind für die konkrete Videobearbeitung am wichtigsten.

Wir beschränken uns auf die wichtigsten Prinzipien:

Bewegungsschnitt

Das erste Prinzip ist, innerhalb einer Szene in die Bewegung hinein zu schneiden. Wenn Sie also beispielsweise eine Nah- und eine Groß-Einstellung gedreht haben, wie jemand ein Glas zum Mund führt und trinkt, so schneiden Sie den Bildwechsel mitten in der Bewegung, während sich der Arm hebt.

Sinn dieses Prinzips ist es, den Schnitt möglichst unauffällig zu halten. Während der Bewegung erkennt der Zuschauer bereits das Ziel der Bewegung und nimmt ihr Ende gleichsam vorweg. Der Zuschauer ist auf die Anschluss-Einstellung vorbereitet; er ahnt bereits, dass das Glas den Mund erreichen wird. Er kennt die Handlung. Wenn dann in der Bewegung geschnitten wird, ist das Folgebild weniger auffällig, als wenn erst die Bewegung komplett ausgeführt wird und mit dem Schnitt ein neuer, unbekannter Handlungsbogen beginnt.

Keine leeren Bilder

Einstellungen innerhalb einer Szene sollten geschnitten werden, bevor die Darsteller aus dem Bild gegangen sind, die Szene also verlassen daliegt. Es sei denn, es gibt einen besonderen Grund. Bei Übergängen zwischen den Szenen kann ein leeres Szenenbild im Gegenteil angebracht sein, um den Spannungsbogen der Szene zu einem Ende zu führen. Aber innerhalb der Szene sollten leere Bilder vermieden werden.

Beide Prinzipien sind im Grunde Varianten desselben Prinzips: Szenen werden als einheitliche Handlungsbögen behandelt, und ein leeres Szenenbild oder eine vollendete Bewegung deuten auf ein Ende des Handlungsbogens hin.

Schnitt/Gegenschnitt

Schnitt/Gegenschnitt ist das häufigste, einfachste und zugleich wirkungsvollste Montageprinzip, das Sie überall in Film und Fernsehen wiederfinden. Denken Sie an jemanden, der auf der Straße steht und in ein Haus gehen will. Er nähert sich der Haustür und schließt auf. Beim Eintreten wird geschnitten; als Gegenschnitt erscheint eine Innenaufnahme, wie derselbe Mann von innen die Haustür schließt, seinen Mantel auszieht und an den Garderobenhaken hängt.

Wenn diese beiden Einstellungen aneinandermontiert sind, ergibt sich eine natürliche Handlung, bei der niemand daran zweifelt, dass der Flur, in dem der Mann gerade den Mantel auszieht, ebenderselbe Flur ist, der sich hinter der Haustür befindet, die der Mann vorher in der ­Außenaufnahme aufgeschlossen hat. Obwohl dies in der Wirklichkeit von Filmstudios sehr zweifelhaft ist.

Oder denken Sie an einen Dialog in einem Film: Sie sehen und hören einen Akteur in naher Einstellung sprechen, und während er spricht, wird plötzlich das Gesicht eines Zuhörers eingeschnitten. Eigentlich sieht man ja etwas völlig anderes, was gar nicht dem Gehörten auf der Tonspur entspricht, nämlich ein unbewegtes Gesicht. Die Aufmerksamkeit des Zuschauers macht aus dem neuen, stummen Gesicht den Zuhörer der Rede. Ohne Montage wäre die Aufnahme des Zuhörers einfach nur ein Gesicht. Als Gegenschnitt in einem Dialog wird dieses Gesicht zu einem Zuhörer. Vielleicht zeigt das eigentlich ausdruckslose Gesicht in diesem Zusammenhang sogar eine bestimmte Reaktion: Aufmerksamkeit, Skepsis, vielleicht Ablehnung…

Das Verständnis der gesamten Filmhandlung entsteht "Schnitt für Schnitt" aus den Montagen solcher bedeutungserzeugenden Mini-Sequenzen. Die montierten Szenen werden vom Zuschauer in einen filmischen Zusammenhang gerückt. Neben Schnitt/Gegenschnitt gibt es noch viele andere Montagetechniken, die sich teilweise auch als Varianten der Schnitt/ ­Gegenschnitttechnik auffassen lassen:

Kausal-Schnitt

Hierbei hängen die aneinander montierten Einstellungen ursächlich (= kausal) voneinander ab. Ohne die erste Einstellung wäre die zweite nicht zu verstehen.

Beispiele: Man sieht zwei Personen lautstark streiten und in der nächsten Einstellung verschwindet die eine Person durch eine Tür und lässt die Tür ins Schloss knallen. Oder jemand legt einen Revolver an und schießt, und in der nächsten Einstellung fällt jemand anderes tot um.

Parallel-Schnitt

Zwei Handlungen werden parallel gezeigt; zwischen den Handlungen wird hin und her geschnitten. Durch schrittweises Verkürzen der Einstellungen lässt sich die Spannung auf einen Höhepunkt hin aufbauen.

Stellen Sie sich zum Beispiel zwei Autos vor, die von verschiedenen Seiten auf eine Kreuzung zurasen. Wenn Sie die Zeit zwischen den Parallel-Schnitten verkürzen, erhöhen Sie die Spannung vor dem Crash (falls es einen gibt).

Assoziativ-Schnitt

Durch die Anordnung der Szenen kann beim Betrachter eine bestimmte Assoziation ausgelöst werden. Die assoziierte Aussage wird jedoch nicht direkt gesagt bzw. gezeigt.

Beispiel: Ein Mann spielt Lotto und lässt sich in der nächsten Einstellung bei einem Autohändler teure Neuwagen vorführen.

Ersatz-Schnitt

Ereignisse, die nicht direkt dargestellt werden können oder sollen, werden durch bildliche Entsprechungen ersetzt.

Beispiele: Ein Kind wird geboren, aber statt der schmerzhaften Geburt im Krankenhaus wird das Aufblühen einer Knospe gezeigt. Oder ein Liebespaar wälzt sich im Bett, und als Ersatzschnitt platzen Feuerwerksraketen.

Kontrast-Schnitt

Auffallend unterschiedliche Einstellungen werden per Kontrast-Schnitt zusammen geschnitten, zum Beispiel um die Aufmerksamkeit des Betrachters auf einen Widerspruch zu lenken.

Beispiel: Ein Tourist sitzt gelangweilt an der Hotelbar und in der nächsten Einstellung werden Bettler gezeigt.

Der Kontrast-Schnitt wird auch oft im Anschluss an eine lange, ruhige Szene eingesetzt, um eingelullte Zuschauer aufzuwecken und zu zeigen, dass jetzt die Handlung weitergeht. Denken Sie an einen Darsteller, der lange versonnen ein Foto betrachtet, und im nächsten Bild donnert plötzlich ein Zug überlaut in einen Bahnhof.

Formal-Schnitt

Hierbei werden Einstellungen zusammen geschnitten, weil sie einen formalen Aspekt gemeinsam haben, zum Beispiel gleiche Bildinhalte, Farben, Formen oder Bewegungen (rotes Hemd und rotes Auto, Fußball und Erdball, Fenstersturz und herabfallende Feder).

Der berühmteste Formal-Schnitt dürfte die Anfangsszene von Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" sein, bei der ein Menschenaffe einen Knochen in die Luft wirft und im nächsten Schnitt ein Satellit in der Umlaufbahn dieselbe Bewegung fortsetzt, wobei vier Millionen Jahre vergangen sind.

Die beiden montierten Einstellungen haben zunächst nur die Bewegung gemeinsam. Über die Montage wird beim Zuschauer eine Suche nach inhaltlichen Zusammenhängen in Gang gesetzt, die zum Beispiel zu der Idee führt, dass mit dem Knochenwurf die Menschwerdung begonnen hat und sich bis ins Satellitenzeitalter fortsetzt.

Akustische Klammer (J-L-Schnitt)

Auch dies werden Sie kennen: Jemand sitzt am Tisch und liest am Abend in aller Stille ein Buch, und plötzlich sind hektische Stimmen und klingelnde Telefone zu vernehmen. Und kurz bevor man sich fragt, was das denn in dieser stillen Situation zu bedeuten hat, gibt es einen Schnitt, und Sie sehen eine ganz andere Szene, zum Beispiel im Polizeipräsidium, wobei die Tonspur weiterläuft.

Diese Montagetechnik nennt man "akustische Klammer". Dabei werden Ton- und Bildspur versetzt geschnitten. Diese Technik nennt man auch J-L-Schnitt, weil Bild und Ton im Arranger des Videobearbeitungsprogramms mit etwas Fantasie wie ein "L" bzw. ein "J" aussehen, wenn die Tonspur ohne das dazugehörige Bild vorzeitig einsetzt.

Jump Cut

Zum Schluss sei noch eine Schnitttechnik erwähnt, die das Ziel verfolgt, die Kontinuität des Filmgeschehens innerhalb einer Szene auffällig zu unterbrechen. Der Jump Cut soll Irritationen auslösen; er weckt die Aufmerksamkeit des Zuschauers, indem er an scheinbar unpassenden Stellen die Einstellung unterbricht, aber gleich darauf fortsetzt. Dadurch entsteht das Gefühl, dass ein Ausschnitt aus der Aufnahme fehlt.

Er kann auf unterschiedliche Weise entstehen, sorgt aber immer dafür, dass der Schnitt als Sprung ("Jump") wahrgenommen wird. Jump Cuts gelten als modern und werden mittlerweile überall eingesetzt, zum Beispiel auch in Personenporträts, wenn ein Interview durch sprunghafte Bildwechsel zerhackt wird.

Handlungsachse oder 180-Grad-Regel

Beim Videoschnitt gibt es eine wichtige Regel, die die Zusammensetzung von Einstellungen betrifft. Wenn Sie im Film einen Menschen sehen, der sich von links nach rechts durchs Bild bewegt und nach dem Schnitt in der nächsten Einstellung plötzlich von rechts nach links, sind Sie Opfer eines Achsensprungs geworden. Sie sind irritiert und wissen nicht, wo dieser Mensch eigentlich hin will.

Schematische Darstellung der Handlungsachse (180-Grad-Regel)

Die Achse, die nicht übersprungen werden soll, nennt man "Handlungsachse". Sie ist eine imaginäre Hilfslinie, die sich an der Handlung orientiert und den gezeigten Raum in zwei Hälften zerschneidet. Auf der Seite der Kamera ergibt sich ein Halbkreis, der einerseits durch die Kamera und andererseits durch das Filmgeschehen definiert wird. Wegen des 180-Grad-Winkels dieses Halbkreises nennt man diese Regel auch "180-Grad-Regel". Der 180-Grad-Halbkreis sorgt – wie das Gesichtsfeld oder eine Theaterbühne – für die räumliche Orientierung der Zuschauer. Die 180-Grad-Regel besagt nun, dass nur Einstellungen hintereinander geschnitten werden dürfen, die innerhalb dieses Halbkreises gemacht wurden.

Ein Beispiel: Zwei Darsteller liefern sich einen Dialog und schauen einander direkt in die Augen. Die Handlungs­achse ist in diesem Fall die Blickrichtung. Die Kamera kann jetzt die beiden Darsteller frontal im Profil zeigen, von schräg vorne oder im Extremfall bis auf die Handlungsachse aufrücken, so dass sie einem Darsteller über die Schulter blickt und den anderen von vorne zeigt. (Diese Einstellung heißt übrigens „Over-the-Shoulder-Shot“ und ist sehr beliebt, weil sie die Perspektive des Darstellers mit der Außenperspektive verbindet.)

Alle diese Einstellungen können problemlos hintereinander geschnitten werden. In dem Moment aber, in dem die Kamera die Handlungsachse überschreitet, werden die Dialogpartner im Bild vertauscht. Der Darsteller, der vormals links im Bild war, erscheint jetzt rechts im Bild. Es ergibt sich ein Achsensprung.

Achsensprünge sind Probleme, die erst beim Schnitt auftreten. Wenn die Handlungsachse in einer ungeschnittenen Einstellung überschritten wird, entsteht kein Achsensprung, sondern ein unproblematischer Achsenwechsel, bei dem sich die Zuschauer anhand des Bildkontinuums orientieren können.

Handlungsachsen entstehen insbesondere durch die Lauf- und Blickrichtungen der Darsteller. Neue Handlungsachsen lassen sich etablieren, wenn Darsteller plötzlich woandershin sehen, sich umdrehen, auf etwas Neues zugehen oder wenn etwas Neues von außen ins Bild tritt. Dann darf auch außerhalb des ursprünglichen 180-Grad-Bereichs geschnitten werden, weil sich die Orientierung des Zuschauers und mit ihr die Handlungsachse geändert hat.

Übergänge und Blenden

Nicht nur auf die Schnittstellen, sondern auch auf die Übergänge kommt es an. Blenden geben an, wie zwei Einstellungen miteinander verbunden werden. Der „harte Schnitt“ ist im Film der Regelfall; er ist eigentlich die Abwesenheit einer Blende und verbindet zwei Einstellungen schnörkellos, ohne jeden Effekt, kurz & schmerzlos.

Daneben sieht man bei Szenenübergängen auch Überblendungen (Cross­fades) und sanfte Ab- bzw. Aufblenden. Bei einer Überblendung geht das Bild der vorherigen Szene allmählich in das Bild der nachfolgenden über. Bei Diashows – auch Slideshows genannt – sind Überblendungen die Regel, weil dort Standbilder gezeigt werden. Die Überblendung dient hier dazu, den kommenden Bildsprung anzukündigen und abzumildern.

Beim Film geht es normalerweise darum, ein Kontinuum herzustellen und deshalb die Bildübergänge innerhalb einer Szene so unauffällig wie möglich zu halten. Überblendungen im Film bereiten den Zuschauer darauf vor, dass ein Szenenwechsel erfolgen wird. Sie lenken die Aufmerksamkeit also von der Kontinuität auf einen Wechsel.

Einen noch stärkeren Einschnitt produziert die Abblende. Dabei wird am Ende einer Szene abgeblendet und kurz ein schwarzes Bild gezeigt. Erst dann setzt die nächste Szene – meist mit einer Aufblende – ein. Die Abblende sorgt dafür, dass der Zuschauer kurz verschnaufen und neu ansetzen kann. Er ist vergleichbar mit einem längeren Augenschließen, einem Kapitelwechsel innerhalb eines Buches oder einem fallendem Vorhang im Theater. Deshalb markiert die Abblende in der Regel das Ende einer ganzen Kette zusammengehöriger Szenen: einer Sequenz.

Es gibt natürlich auch andere, teils sehr effektvolle Blenden, die man in Filmen gelegentlich sieht. Manchmal fliegt das Bild der letzten Szene wild-rotierend weg oder wird wie durch einen Tunnel dem Zuschauer langsam entrückt.

Seien Sie sparsam mit solchen Überblendeffekten – sie lenken den Zuschauer vom Filmgeschehen ab.

Die richtige Schnitt-Software

Um mit den beschriebenen Schnitt-Techniken einen guten Videofilm zu produzieren, benötigen Sie neben Ihrem Video-Footage aus der Kamera auch eine leistungsfähige Schnitt-Software. Dabei kommt es darauf an, mehrere Schnitte auszuprobieren und wieder rückgängig machen zu können. Das Videobearbeitungsprogramm sollte also zu Schnitt-Experimenten einladen und so intuitiv bedienbar sein, dass Sie mit ein paar Mausklicks viele Schnittmöglichkeiten durchspielen können.

Wir empfehlen Ihnen hier MAGIX Video deluxe Plus. Dieses ausgereifte Videobearbeitungsprogramm bietet alles, um alle beschriebenen Schnitt-Techniken ohne lange Einarbeitungszeit umzusetzen. Bild- und Tonspur liegen übersichtlich angeordnet im Arranger und können an jeder Stelle geschnitten, gekürzt und wieder verlängert werden, ohne dass das wertvolle Footage auf der Festplatte angetastet wird - denn das Programm arbeitet komplett virtuell.

Jeder Schritt lässt sich also problemlos ausprobieren und wieder rückgängig machen. Für einen J-L-Schnitt beispielsweise drücken Sie an einer Schnittstelle einfach die Alt-Taste und ziehen mit gedrückter Maustaste die Grenze der Bildspur nach hinten, während die Tonspur unverändert bleibt. Anschließend schieben Sie die vordere Tonspur nach links und beide Einstellungen ineinander - fertig ist die "akustische Klammer".

Neben allen Schnittfunktionen bietet Video deluxe wichtige Spezialfunktionen wie eine gute Bildstabilisierung zum Beispiel für Schwenks ohne Stativ, virtuelle Kamerafahrten oder eine starke Bildoptimierung.

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